
Nach Waffenruhe-Vereinbarung Alle Augen auf Russland
30 Tage Waffenruhe in der Ukraine und doch wieder US-Militärhilfen: Nach den in Dschidda vereinbarten Zielen lautet der Tenor vielerorts gleich: "Der Ball liegt bei Russland." Doch erste Reaktionen von dort klingen verhalten.
Erleichtert, aber weiter vorsichtig haben internationale Staats- und Regierungschefs auf das Treffen zwischen den USA und der Ukraine im saudi-arabischen Dschidda reagiert. "Wir begrüßen die Ergebnisse der Gespräche", teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit. Sie wertete es als positive Entwicklung, dass die Trump-Regierung die Ukraine wieder militärisch unterstützen und Geheimdienstinformationen zur Verfügung stellen will.
Von der Leyen lobte zudem die angedachte Waffenruhe. Der Ball liege nun auf Russlands Seite. Mit den gleichen Worten äußerte sich unter anderen António Costa, Präsident des Europäischen Rates. Er wird heute in Berlin bei Kanzler Olaf Scholz erwartet. Dieser nannte die anvisierte Waffenruhe auf X einen "wichtigen und richtigen Schritt hin zu einem gerechten Frieden für die Ukraine". Deutschland stehe "an der Seite der Ukraine und der USA".
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock schrieb auf X von einem möglichen Wendepunkt. "Es liegt nun an Russland, seinen Angriffskrieg zu beenden", schrieb Baerbock. Nach der Zustimmung Kiews zu dem Waffenruhe-Vorschlag aus Washington hatten die USA erklärt, auch ihre ausgesetzten Militärhilfen für die Ukraine wieder aufzunehmen.
Hoffnung auf Sicherheitsgarantien
Polens Regierungschef Donald Tusk postete bei X: "Es sieht so aus, als hätten die Amerikaner und die Ukrainer einen wichtigen Schritt in Richtung Frieden gemacht." Europa stehe bereit, wenn es darum gehe, einen "gerechten und dauerhaften Frieden" zu erwirken. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez sprach von guten Nachrichten. Auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron begrüßte die Fortschritte in den Gesprächen. "Der Ball liegt nun eindeutig bei Russland", schrieb Macron ebenfalls auf X. Frankreich und seine Partner setzten sich weiterhin für einen soliden und dauerhaften Frieden ein, der durch robuste Sicherheitsgarantien für die Ukraine gestützt werde.
Militärexperte Carlo Masala sagte im Deutschlandfunk, die Entwicklungen seien "für die Ukraine auf jeden Fall von Bedeutung". Auch er verwies darauf, dass es nun an Russland sei zu reagieren.
"Ich glaube, die Vereinigten Staaten sind nicht bereit, der Ukraine Sicherheitsgarantien zu geben. Das haben sie immer wieder betont", schätzte Masala zudem ein. Dass die Ukraine diese geforderten Garantien nicht bekommen habe, sei kein Erfolg für das Kriegsland. "Die Ukraine musste letzten Endes vor den USA zu Kreuze kriechen, um die Wiederaufnahme von Waffenlieferungen zu erzielen."
Die Regierung in China zeigte sich hoffnungsvoll. Peking hoffe, dass "alle Konfliktparteien mit Hilfe von Dialog und Verhandlungen einen nachhaltigen und anhaltenden Friedensplan finden werden, der die jeweiligen Bedenken berücksichtigt", sagte die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning, vor Journalisten.
"Die Bedingungen sind amerikanisch"
Erste Reaktionen aus Russland klangen verhalten. Man werde die Erklärung nach den US-ukrainischen Gesprächen sorgfältig prüfen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. US-Außenminister Marco Rubio und Sicherheitsberater Michael Waltz sollten der russischen Regierung weitere Details erklären. Auch ein Telefonat Putins mit US-Präsident Donald Trump könne schnell organisiert werden. Erst danach könne man sagen, wie sich Russland zu dem Vorschlag verhalten werde.
Der Vize-Sprecher des russischen Föderationsrats, Konstantin Kosatschew, schrieb auf Telegram: "Die Bedingungen sind amerikanisch, nicht ukrainisch. Die Ukrainer stimmen dem zu, was ihnen gesagt wird. Und gleichzeitig verneigen sie sich und schmeicheln." Mit Russland werde das so nicht funktionieren, denn Russland sei auf dem Vormarsch. "Alle Vereinbarungen müssen zu unseren Bedingungen erfolgen, nicht zu amerikanischen".
Die staatliche Nachrichtenagentur TASS zitierte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, aus einem Interview mit dem Radiosender Sputnik: "Die Bildung der Position der Russischen Föderation erfolgt nicht im Ausland durch Vereinbarungen oder Bemühungen einiger Parteien", sagte die 49-Jährige demnach. Die Position werde innerhalb der Russischen Föderation gebildet. Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte einen "hochrangigen Insider", der anonym bleiben wolle. Ihm zufolge dürfte es Russlands Präsident Wladimir Putin schwerfallen, einem Waffenstillstand zuzustimmen, ohne Bedingungen auszuhandeln und Garantien zu erhalten.
Lawrow gegen NATO-Truppen in der Ukraine
Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte Russlands Außenminister Sergej Lawrow aus einem Interview vom Dienstag. Er wiederholte demnach Russlands Haltung, die Präsenz von NATO-Truppen in der Ukraine im Falle einer dauerhaften Friedensregelung unter keinen Umständen zu akzeptieren. Das Interview wurde erst heute veröffentlicht.
"Die Ukraine hätte die Grenzen von 1991 beibehalten, allerdings ohne die Krim und einen Teil des Donbass, wenn ihre Behörden kooperiert und eigene Initiativen umgesetzt hätten", behauptete Lawrow in dem Interview. "Um seine Grenzen aufrechtzuerhalten, hätte Kiew die Minsker Vereinbarungen einhalten müssen."
Trump will mit Putin sprechen
US-Präsident Trump zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis der Gespräche in Saudi-Arabien. "Hoffentlich wird Präsident Putin auch zustimmen", sagte Trump vor dem Weißen Haus. Sollte Russland der 30-tägigen Waffenruhe zustimmen, wären nach Trumps Ansicht drei Viertel des Weges zu einem Frieden zurückgelegt. Dann ginge es nur noch darum, alles festzuzurren und über Gebiete und so weiter zu verhandeln, so Trump.
Es werde schon bald weitere Gespräche zwischen den USA und Russland geben, vielleicht schon "heute oder morgen", sagte der Republikaner. Auf die Frage, ob er selbst noch in dieser Woche mit dem russischen Präsidenten sprechen werde, antwortete Trump: "Ich werde mit Wladimir Putin sprechen, ja." US-Medien berichten, dass auch Trumps Sondergesandter für den Nahen Osten, Steve Witkoff, noch in dieser Woche nach Moskau reisen wird.
Appell der US-Demokraten
Der demokratische Senator Mark Kelly appellierte an Trump, die Dinge nicht wieder eskalieren zu lassen - wie beim Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor eineinhalb Wochen im Weißen Haus. Das sei nicht produktiv gewesen. Die USA dürften auch solche Fehler, wie die Militärhilfe einzustellen, nicht noch einmal machen. "Lassen Sie uns konstant bleiben", forderte Kelly.
Der republikanische Senator Lindsay Graham postete auf X: "Gut gemacht, Team Trump!" Er hoffe, Russland stimme einem Waffenstillstand zu. Wenn nicht, sollten wir Russland mit Sanktionen überschütten, so Graham.