Bundestagswahl 2025

Robert Habeck

Habeck in ARD-Sendung Farbe bekennen "Können die nächsten vier Jahre nicht verschenken"

Stand: 19.02.2025 18:30 Uhr

Grünen-Spitzenkandidat Habeck gibt sich im ARD-Interview kämpferisch: Er wolle mitregieren, weil die kommenden vier Jahre richtungsweisend seien. Habeck warb für eine Reform der EU und warf den USA und Russland Imperialismus vor.

Kanzler Robert Habeck? Das sei schon immer eine "kühne Ansage" gewesen, räumte der Grünen-Spitzenkandidat in der ARD-Sendung Farbe bekennen ein. Seine Chancen auf das Bundeskanzleramt seien aktuell "nicht riesig groß".

Er wolle aber trotzdem Verantwortung übernehmen: "Wir können die nächsten vier Jahre nicht verschenken", sagte Habeck im Gespräch mit ARD-Chefredakteur Oliver Köhr. Es könnten die letzten sein, die es brauche, um den Zusammenhalt in Europa oder den Klimaschutz voranzubringen. Im Zweifel müsse ein Politiker dafür auch schmerzhafte Kompromisse machen. "Die Ampel war ja auch keine vergnügungssteuerpflichtige Veranstaltung."

Mit der Union oft "denkbar weit auseinander"

Mit Blick auf mögliche Machtoptionen räumte er ein, dass es mit der Union - dem nach Umfragen einzig möglichen Koalitionspartner für eine Regierungsmehrheit - nur wenige Gemeinsamkeiten gebe. "Es gibt Übereinstimmungen bei der Ukraine-Politik. Bei allen anderen Fragen sind wir denkbar weit auseinander", räumte der Wirtschaftsminister ein.

Beim Thema Wehrpflicht, die die Union - obwohl sie sie selbst 2011 abgeschafft hatte - wieder einführen will, setzt Habeck auf Freiwilligkeit. Es sollte, wie in skandinavischen Ländern, junge Menschen angeschrieben und für die Bundeswehr geworben werden. Das würde ausreichen, um die Truppe personell aufzustocken, glaubt Habeck. Das Modell der Union lehnt er ab.

Habeck will beim Klimaschutz dranbleiben

Ein Kernthema der Grünen, der Klimaschutz, ist derzeit nicht sehr gefragt. Dennoch warnt Habeck davor, in den Anstrengungen nachzulassen - sonst könne Deutschland seine selbstgesteckten Klimaziele nicht erreichen. Auf die Frage, ob wegen der hohen Energiekosten nicht Industrien aus Deutschland abwandern, sagte Habeck, er sehe Klimaschutz und grüne Technologien nicht als Standortnachteil, sondern als -vorteil: So könnte die deutsche Autoindustrie heute Weltmarktführer bei E-Mobilität sein, wenn sie sich früher umgestellt hätte.

Das gleiche gelte für Wärmepumpen, die in Deutschland sehr effizient produziert würden. Im Interview sagte er: "Wenn wir das jetzt abräumen, verliert die deutsche Wirtschaft. Wenn wir nicht die ersten sind, die grünen Stahl produzieren, sondern die Chinesen, dann verliert die deutsche Wirtschaft." Als Kostentreiber für die Strompreise sieht er vor allem die fossilen Energieträger wie Erdgas.

Imperialismus-Vorwurf an die USA und Russland

Mit Blick auf die Ukraine-Gespräche zwischen Russland und den USA warf Habeck beiden Mächten Imperialismus vor. "Im Grunde ist das, was Russland und die USA gerade machen, das was Großbritannien und Frankreich vor 100 Jahren gemacht haben, als sie den arabischen Raum oder Afrika mit geraden Linien aufgeteilt haben - ohne die Menschen zu fragen. (...) Das ist Imperialismus, was wir da erleben."

Habeck will europäische Verfassung

Eigentlich müsse die EU den Friedensprozess in der Ukraine bestimmen. Aber Europa sei "nicht in der besten Verfassung" und habe dem Vorgehen wenig entgegenzusetzen. Deshalb warb er für eine stärkere EU: Die EU müsse diesen Schockmoment verbinden mit einer Reform. Der europäische Rat, in dem die Regierungschefs der einzelnen Mitgliedsstaaten zusammenkommen "und nur die Interessen ihres Landes vertreten - das ist wie die Kurfürsten im Mittelalter". So könne keine funktionierende EU aussehen.

Stattdessen müsse die EU "in den nächsten zehn Jahren zu einer echten europäischen republikanischen Verfassung kommen, damit wir handlungsfähig werden".

EU hat "Gegenmaßnahmen in der Schublade"

Habeck äußerte sich auch zu Drohungen der neuen US-Regierung, hohe Zölle auf Stahl und Aluminium aus Europa zu erheben. Eine Antwort darauf müsse von der gesamten EU gegeben werden. Dabei betonte er, die EU-Kommission habe "Gegenmaßnahmen in der Schublade", sollte US-Präsident Donald Trump diesen Schritt gehen. Dann "werden die Amerikaner Gegenzölle bekommen, in Bereichen, die ihnen wirklich wehtun".

Als Beispiel nannte er Jeans, Whiskey und Agrarprodukte. Zölle in diesen Bereichen würden zudem vor allem Menschen in Trump-unterstützenden Staaten treffen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das Erste in der Sendung "Farbe bekennen" am 19. Februar 2025 um 20:15 Uhr.